Erinnerungen an Theodor Storm

Im Storm-Gedenkbuch von 1917 erinnern mehrere Zeitgenossen Storms an die gemeinsam verbrachte Zeit. Darunter auch eine Dame aus Hademarschen, Frau Jürgensen, die den Dichter im Jahre 1882 kennenlernte. Sie unterrichtete Storms Tochter Dodo und wurde bald im Dichterhaus heimisch. Sie schreibt:

„Sehr gern hatte es der Herr Rat, wenn man unangemeldet zur Kaffeestunde kam, die im Sommer in der Veranda, im Winter in der Wohnstube abgehalten wurde. Dann saßen wir gemütlich plaudernd zusammen, das Kaffeetrinken dehnte sich sehr in die Länge, und dabei las wohl Storm aus seinem Briefwechsel mit Gottfried Keller oder Paul Heyse oder Wilhelm Jensen vor. […] Ich habe nie einen vorzüglicheren Vorleser gehört als Theodor Storm. Vielleicht machte es die doppelte Begabung, die musikalische und die dichterische, dass die nicht sehr kräftige, aber modulationsfähige Stimme den Hörer in so hohem Maße gefangennahm.“

 

Am Ende ihrer Erinnerungen berichtet sie vom letzten Treffen mit Storm kurz vor seinem Tod 1888:

„Unvergesslich ist mir der Tag, da ich ihn zuletzt lebend sah. Er fühlte sich recht krank und wollte keinen Fremden mehr sehen. Auch ich war nur hingegangen, um mich nach seinem Befinden zu erkundigen. Aber Frau Rat führte mich hinauf in seine Stube, und da saß er vor seinem Schreibtisch, den Kopf auf die Hand gestützt, und sah mit wehmütigem Blick über seinen geliebten Garten hin zum Walde. Das Sprechen wurde ihm schwer, und eigentlich waren die Worte „Ach, liebe Elfriede, es ist nichts mehr mit mir!“ die einzigen, die er zu mir sprach. Als ich fortging, fühlte ich, dass ich ihm zum letztenmal die Hand gereicht.“