Das bekannteste Kochbuch des 19. Jahrhunderts

Wer im 19. Jahrhundert beim Kochen ein Rezept nachschauen wollte, griff zu Betty Gleims Bremer Kochbuch. Das Buch erschien erstmals 1808. Der vollständige Titel lautete:

Bremisches Koch- und Wirthschaftsbuch, enthaltend eine sehr deutliche Anweisung wie man Speisen und Backwerk für alle Stände Gut zubereiten lernt. Für junge Frauenzimmer, welche ihre Küche und Haushaltung selbst besorgen und ihre Geschäfte mit Nutzen betreiben wollen. Bremen und Aurich 1808.

Auch die Familie Storm besaß ein solches Kochbuch. In Theodor Storms Bibliothek ist eine Ausgabe von 1847 erhalten. Viele Rezepte wurden nach ebendiesem Buch nachgekocht. Das Literaturmuseum „Theodor Storm“ besitzt in seiner Sammlung ein Exemplar in der 11. Auflage, Bremen 1869.

 

Ilsabetha Gleim, genannt Betty (* 13. August 1781 in Bremen; † 27. März 1827 in Bremen) war Pädagogin, Schulgründerin und Schriftstellerin. Der Onkel ihres Vaters war der Halberstadter Dichter und Kanonikus Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719–1803), der großen geistigen Einfluss auf die großbürgerliche Familie und die Erziehung des jungen Mädchens gehabt hatte.

Früh widmete sich Betty Gleim der pädagogischen Literatur und fasste den Entschluss, selbst eine Erziehungsanstalt für die weibliche Jugend in Bremen zu gründen. Sie verfolgte Ideen zur Erziehung, wie sie Jean-Jacques Rousseau vertrat. Als Anhängerin Johann Heinrich Pestalozzis übertrug sie aber diese Erziehungsziele auf Mädchen, denn, so formulierte sie selbst, „den Männern gefallen, ist zu wenig“. Die pädagogische Autodidaktin Betty Gleim eröffnete am 14. Oktober 1806 im Alter von 24 Jahren in Bremen eine Lehranstalt für Mädchen. Bald schon hatte die Schule 80 Schülerinnen, die sie selbst in Fächern wie Geschichte und Geographie unterrichtete. Auch Mathematik und Physik waren ihr wichtig und sie selbst schaffte Maschinen und Werkstatteinrichtungen für die Schüler herbei. Ihrer Meinung nach lag der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben einer Frau in einer (praktischen) Ausbildung. Am Widerstand der Behörden und dem Desinteresse vieler Bremer gescheitert, musste sie ihre praktische Lehrtätigkeit 1815 wieder aufgeben. Doch gab sie bis 1816 in dichter Folge Lehrbücher und pädagogische Abhandlungen heraus.

Mit dem Bremer Kochbuch zeigte Gleim, dass Hausfrauentätigkeit und intellektuelle Interessen sich nicht widersprechen. Das Bremische Kochbuch wurde nicht nur bei den Hanseaten Bremens ein großer Erfolg und erreichte 1892 seine 13. Auflage.