Gartensehnsucht
Für Theodor Storm war der eigene Garten immer auch Sinnbild seiner Heimat sowie seiner Sehnsucht nach ebenjener Heimat. Auch im weiteren Sinne verstanden als Erinnerung an die eigene Kindheit, in der eine noch unschuldige Liebe erwachte, an die sich das erwachsene Ich wehmütig erinnert. So etwa im Gedicht „Gedenkst du noch?“, das er im Mai 1857 in Heiligenstadt schrieb.
Gedenkst du noch, wenn in der Frühlingsnacht
Aus unserm Kammerfenster wir hernieder
Zum Garten schauten, wo geheimnisvoll
Im Dunkel dufteten Jasmin und Flieder?
Der Sternenhimmel über uns so weit,
Und du so jung; unmerklich geht die Zeit.
Wie still die Luft! Des Regenpfeifers Schrei
Scholl klar herüber von dem Meeresstrande;
Und über unsrer Bäume Wipfel sahn
Wir schweigend in die dämmerigen Lande.
Nun wird es wieder Frühling um uns her,
Nur eine Heimat haben wir nicht mehr.
Nun horch ich oft, schlaflos in tiefer Nacht,
Ob nicht der Wind zur Rückfahrt möge wehen.
Wer in der Heimat erst sein Haus gebaut,
Der sollte nicht mehr in die Fremde gehen!
Nach drüben ist sein Auge stets gewandt:
Doch eines blieb – wir gehen Hand in Hand.
Anlass für das Gedicht war Constanzes 32. Geburtstag, wie er Jahre später in einem Brief an den Sohn Hans schreibt: „Am Abend vorher war der schönste Frühlingsabend, wir saßen draußen auf der hohen Gartenmauer und sahen in die Gegend hinaus, namentlich war ich noch lange draußen; und sann mir das Gedicht zusammen. […] Als ichs aufgeschrieben, steckte ich die Granatbrosche darunter als Geburtstagsgeschenk.“