Wenn Kinder philosophieren
In einem vorweihnachtlichen Brief an seine Eltern vom 14. Dezember 1859 schreibt Theodor Storm von einem Todesfall des neunzehnjährigen Sohnes ihres Holzhauers und der Reaktion seiner Kinder. Als Karl und Lisbeth (zu diesem Zeitpunkt sechs und vier Jahre alt) von diesem Unglück erfuhren, begannen sie damit über den Tod zu philosophieren. Ihren Dialog teilt Storm in seinem Brief auch seinen Eltern mit:
Lisbeth: „Wenn wir sterben, dann kommt unser Herz bei’n lieben Gott und der macht wieder kleine Kinder daraus.“
Karl: „Nicht das Herz; unser Leben kommt zu’n lieben Gott! – Aber Mama, wie ist das denn? Man kann es ja doch nicht sehen, wenn das Leben zum lieben Gott fliegt!“
Lisbeth (eifrig): „Kannst du denn sehn, wenn der Wind weht?“
Karl schüttelte den Kopf.
Lisbeth: „Na, denn kannst du auch nicht sehen, wie das Leben bei’n Himmel geht.“
Abschließend fügt ihr Vater noch hinzu: „Es sind richtige kleine Philosophen‚ denn solcherweise discutieren sie oft mitsammen.“