Der Weihnachtsabend im Hause Storm
Bei den Storms hatte nicht nur das fein ausgewählte und vorbereitete Essen zum Fest Tradition, nein ein genau festgelegter Ablauf bestimmte den gesamten Heiligen Abend: eine Glocke erklingt, die Türen öffnen sich, der Duft von Tannen und Kuchen erfüllt das Haus, der Baum erleuchtet im Kerzenschein, es wird unterm Baum musiziert, dann gibt es Geschenke. Für die Jungs Bilderbücher oder Trommeln, eine Lupe für die Insektenbeobachtung, eine Flinte mit Korken, Tiere aus Papiermaché. Die Mädchen erhalten neue Kleider für ihre Puppen, vielleicht eine Puppenwiege, manchmal gab es auch eine Laterna Magica oder ein Kasperle-Theater mit Handpuppen, einen Globus, ein Mikroskop oder durchaus auch mal ein Schaukelpferd. Übrigens – falls Sie denken, heute bekommen Kinder zu viele Geschenke und früher wäre dem nicht so gewesen … lesen Sie einmal, was Storm schreibt über das Weihnachtsfest des Jahres 1851, also vor 167 Jahren: Hans [also Storms Ältester] war „wie eine Stahlfeder“ gespannt und „gar nicht in der Vorstube zu halten, wurde dann so mit Spielzeug von allen Seiten überhäuft, dass er eigentlich zu keinem einzelnen ein rechtes Interesse fassen konnte, er bekam 20 verschiedene, zum Teil größere Sachen, darunter 4 Bilderbücher, und in der Tat die Creme vom diesjährigen Kinderbilderbüchermarkt.“
Im Anschluss an die Bescherung gibt es ein großes Festessen, und natürlich Tee und den Braunen Kuchen nach altem Familienrezept, das bis heute erhalten ist.
Auch Storms Tochter Gertrud erinnerte sich gerne an das Weihnachtsfest. Sie schreibt: „Unser Vater war ein echter, rechter Weihnachtsmann, er wusste jedes Fest erst recht zu einem Fest zu gestalten. Den ganzen Zauber der Weihnacht seiner Kindheit wusste er in unsere Weihnacht zu übertragen.“
Dazu gehörten eben viele Rituale, also ausführliche Vorbereitungen am Vorabend, Lichter anzünden, Nüsse und Tannenzapfen verteilen, Storms heute berühmt gewordenen Netze aus dünnem Papier schneiden und mit farbigen Bonbons bestücken, alles in grün, gold, rot schmücken. Das Putzen der Tanne ist Chefsache im Hause Storm. Persönlich drapiert er die Flittergoldfädchen am mächtigen Baum. Zitat: „Den Weihnachtsbaum, der auf der Diele steht und genau bis an die Decke reicht, habe ich bis auf das letzte Fädchen ganz allein hergestellt“, schreibt er am 24. Dezember 1856 von Heiligenstadt aus an seine Eltern.