Zwischen Text und Tat: Literatur und Demokratievermittlung – Ein Rückblick auf die ALG-Tagung 2025 im Literaturmuseum
Neben den alljährlichen Stormtagen Anfang Juli richtete das Literaturmuseum „Theodor Storm“ 2025 auch zum ersten Mal die Jahrestagung der ALG aus. Deren Programm wurde am Wochenende vom 19. bis 21. September sowohl in den Räumlichkeiten des Literatur- und Eichsfeldmuseums als auch im Alten Rathaus ausgetragen.
Aufgrund der Besonderheit dieses Ereignisses wollen wir die Gelegenheit für einen Rückblick nutzen.
Seit ihrer Gründung 1986 versteht sich die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten e. V. (ALG) als Lobby für Literatur. Sie ist ein Dachverband und Netzwerk literarischer Gesellschaften, Vereine und Literaturmuseen. Nach heutigem Stand zählt sie 271 Mitglieder im gesamten deutschsprachigen Raum. Die Aufgaben der ALG bestehen darin, literarische Einrichtungen in Aufbau, Neugestaltung und Projekten zum Beispiel mit Beratungen zu unterstützen und mit finanziellen Mitteln zu fördern. Ebenso informiert sie in der Öffentlichkeit darüber und vertritt die Interessen ihrer Mitglieder in der Politik. Zu diesem Zweck organisiert sie zum Beispiel Fortbildungen und veröffentlicht halbjährlich eine Zeitschrift, die „ALG Umschau“. (Wortlaut und Inhalt dieses Abschnitts beziehen sich auf die Selbstaussagen in dem von der ALG veröffentlichten Leitbild, genauere Informationen dazu finden Sie unter: https://alg.de/alg/)
Offiziell wurde die Tagung am Samstag mit den Begrüßungen von Museumsleiter der beiden Heiligenstädter Museen, Dr. Gideon Haut, der Vorstandssprecherin der ALG sowie Leiterin des Gleim-Hauses in Halberstadt, Dr. Ute Pott, dem Bürgermeister Heilbad Heiligenstadts, Thomas Spielmann, und der Geschäftsführerin der ALG, Pauline Stolte, eröffnet. Bereits am Freitagmorgen hatte die Vorstandssitzung der ALG im Literaturmuseum stattgefunden. Darauffolgend war am frühen Nachmittag das Angebot zur Teilnahme an drei separaten Führungen, durch die Stadt (Günter Liebergesell), das Eichsfeld- (Henriette Roth) und Literaturmuseum (Daniela Scheele & Judith Windel), gefolgt.

(v. l. n. r.) Dr. Roland Krischke (Präsident des Museumsverbands Thüringen), Dr. Ute Pott (Vorstandssprecherin der ALG), Prof. Dr. Francesca Vidal (Beisitzerin im Vorstand der ALG) und Bürgermeister Thomas Spielmann.
Unter dem herausfordernden Titel „Zwischen Text und Tat: Literatur und Demokratievermittlung“ beschäftigten sich die Teilnehmenden vornehmlich ganztägig am Samstag im Rahmen von Vorträgen (z. B. von Detlef Gumbach, Christian-Geissler-Gesellschaft), Diskussionsrunden, einem Impulsworkshop (mit Christin Voigt, toolpool Erfurt) und einer Podiumsdiskussion (mit Petra Lutz, Goethe-Nationalmuseum/ Klassik Stiftung Weimar; Stefan Petermann, Literarische Gesellschaft Thüringen; Dr. Robert Grünbaum, Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur; unter Moderation von Prof.in Dr. Francesca Vidal, Beisitzerin des Vorstandes der ALG/ Ernst-Bloch-Gesellschaft) damit, wie sich der Arbeitsalltag literarischer Institutionen aufgrund des zunehmenden politischen und generell öffentlichen Einflusses demokratiefeindlicher Strömungen mit Problemen konfrontiert sehe und wie man diesen in Zukunft begegnen solle.
In diesem Kontext liegt die schwierige Grundsatzfrage mit der damit ebenfalls zusammenhängenden Gradwanderung zugrunde, wie sich das Selbstverständnis literarischer Einrichtungen und ihre Rolle im politisch-gesellschaftlichen Geschehen begründet:
Ist man aktiv Handelnder, indem man sich offen im politischen Meinungsgeflecht positioniert, oder verhält man sich eher passiv, weil man sich in seinem Fokus als Kulturvermittler eben nicht als politischer Akteur begreift? Gibt es überhaupt noch die Wahl, sich „heraushalten“ zu können? Und wie wird man seiner Verantwortung als möglicher Akteur am besten gerecht, in einer Gegenwart, in der alternative Fakten und „Fake News“ derart dominant in der Diskussionskultur Einzug halten? Wie ist es möglich noch miteinander zu reden, wenn im grundlegendsten Wissenstand kein „common sense“ mehr in der Gesellschaft besteht?
In seiner Einführung hob der Präsident des Museumsverbands Thüringen, Dr. Roland Krischke die unersetzliche Bedeutung der im Grundgesetz verankerten Wertmaßstäbe sowie den damit einhergehenden Aufrechterhalt von Weltoffenheit als Fundament unseres demokratischen Staats hervor. Ohne die Übereinstimmung der Gesprächsteilnehmenden bezüglich der Wirksamkeit des Grundgesetzes könne bzw. dürfe es keine Kompromisse geben. In Gewährleistung dieser Übereinstimmung bestehe die Verantwortung von literarischen Einrichtungen darin, Menschen mit verschiedensten Meinungen zu einem fortlaufenden Austausch zusammenzubringen. Besonders ein Gesprächsabbruch vor Ort müsse so gut wie möglich verhindert werden, um der Meinungsabschottung und Bildung von Filterblasen entgegenzuwirken.
Nach der gemeinsamen Auswertung der Diskussionsergebnisse am Samstagabend traten die Mitglieder von der ALG am Sonntagmorgen noch einmal zu einer Versammlung zusammen, womit die Tagung ihren Abschluss fand.
Ergänzt wurde der Kern des Tagungsprogramms zum einen durch individuelle Kontaktknüpfungen während der Versorgungspausen am Samstag mit einem Mittagsimbiss sowie Kaffee mit Knabbereien. Für das gemeinsame Abendessen am Buffet fanden sich alle am Abend im Gemeindehaus der Pfarrkirche St. Martin ein. Zum anderen füllte je ein Programmpunkt zur kulturellen Unterhaltung im Alten Rathaus sowohl den Freitag- als auch den Samstagabend aus. Innerhalb ihrer Lesung brachte Cornelia Gutermann-Bauer (Turmalin Theater) das Leben und Werk der Dichterin Rose Ausländer dar. Außerdem präsentierte Elke Laznia Textpassagen aus ihrem Buch „Fischgrätentage“. Musikalisch untermalt wurde Laznias Lesung von der Flötistin Cathleen Köchy. Die Moderation übernahm der Leiter des Schillerhauses in Rudolstadt, Dr. Christian Hofmann.

Museumsleiter Dr. Gideon Haut
Wir sind nach wie vor sehr geehrt, dass uns die ALG die Verantwortung zur Ausrichtung ihrer Jahrestagung übertrug und wir so auch die Möglichkeit bekamen, Gäste aus so vielen literarischen Einrichtungen aus dem deutschsprachigen Raum bei uns willkommen heißen zu dürfen.
Unseren uneingeschränkten Dank richten wir an die Stadt Heilbad Heiligenstadt für ihre Unterstützung, ebenso an das stets umsichtige Engagement der ALG selbst während der fruchtbaren Zusammenarbeit und nicht zuletzt an alle helfende Hände, die es ermöglichten, die ALG-Tagung in Heilbad Heiligenstadt auszutragen!
Beitragsbild: Pauline Stolte während der Begrüßung im Vortragsraum des Eichsfeldmuseums (Geschäftsführerin der ALG)
Fotos von der Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt