Die 32. Stormtage in Heiligenstadt – Ein Rückblick mit zwei besonderen Schenkungen für den Sammlungsbestand des Literaturmuseums (1/2)

Am ersten Juli-Wochenende richtete das Literaturmuseum „Theodor Storm“ wieder die alljährlichen Stormtage aus.

Anlässlich des 200. Taufjubiläums von Heinrich Heine in Heiligenstadt widmeten sie sich dieses Mal ganz dem Leben und literarischem Schaffen des berühmten Dichters. Im Folgenden möchten wir Ihnen diese dreitägige Veranstaltungsreihe mit ihrer vielseitigen Programmauswahl in der Rückschau zusammengefasst vorstellen.

 

Freitag

Zur Eröffnung am Freitagabend stimmten die Vorsitzende des Storm-Vereins, Monika Potrykus, der Museumsleiter Dr. Gideon Haut sowie die Erste Beigeordnete der Stadt Ute Althaus mit Grußworten auf die Feierlichkeit ein. Für eine passend untermalende, musikalische Begleitung sorgte Cathleen Köchy auf der Flöte. In diesem Zusammenhang stellte Dr. Haut auch den neu-eingetroffenen 26. Jahrgang der Storm-Blätter aus Heiligenstadt vor.

Dieses Mal handelt es sich um eine eigens zu Storms Kindermärchen Der kleine Häwelmann erstellten Sonderausgabe, die neben diversen kunsthistorischen und literaturwissenschaftlichen Beiträgen auch die Erstfassung (mit der Dokumentation aller Druckzeugen) des Textes von 1849 und eine vollfarbig-bebilderte Auflistung aller bis 2021 erschienen Bilderbuch-Cover enthält. In unserem zuletzt geposteten Blogeintrag (vor diesem hier) können Sie sich gerne genauer über die neuen Storm-Blätter informieren. Oder Sie schauen direkt bei uns im Museum vorbei und riskieren persönlich einen Blick hinein: Ab sofort sind diese nämlich käuflich bei uns im Museumsshop für 9,80 € pro Stück zu erwerben.

Den anschließenden Programmauftakt bildete eine Lesung aus Die Harzreise samt Live-Zeichnen vom Künstlerpaar Gaby von Borstel (Autorin) und Peter Eickmeyer (Zeichner). In Kooperation mit dem Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf arbeiteten beide an der Graphic Novel Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt, die 2023 im Splitter-Verlag veröffentlicht wurde. Eine Auswahl ihres gesamten Graphic Novel-Sortiments zum Verkauf vor Ort hatten beide ebenfalls mit im Gepäck. Nach der Vorstellung nahmen sie sich noch ausgiebig Zeit für unsere Gäste. Nicht nur bestand die Möglichkeit, noch mit dem Zeichner und der Autorin ins Gespräch zu kommen, sondern auch Autogramme mit einer direkt vor den eigenen Augen angefertigten Illustration in schwarz/weiß als einzigartiges Erinnerungsstück an diesen Abend zu ergattern.

Überdies hielt das Künstlerpaar noch eine besondere Überraschung bereit: Speziell für die diesjährigen Stormtage über Heinrich Heines Taufe fertigten die beiden nämlich eine thematisch passende Szenenkomposition in Form eines ziemlich eindrücklichen Aquarells an und schenkten dies dem Literaturmuseum! Vielen Dank an Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer für dieses einmalige Werk, das wir nun als Teil unseres Sammlungsbestandes in Ehren halten werden! Demnächst wird das Bild einen Platz bei uns im Erdgeschoss bei der Ausstellungssektion zu Heine und dessen Taufe in Heiligenstadt finden.

 

Mit Fachvorträgen am Samstag und Sonntag Morgen bereicherten uns dieses Jahr vier Referenten und Referentinnen.

 

Samstagvormittag

 

Jan von Holtum: „Sei mir gegrüßt, Freiheit“ – Heinrich Heines Glaube an eine überzeitliche Idee

Deren Beginn läutete Jan von Holtum, der stellvertretende Direktor des Heinrich-Heine-Instituts Düsseldorf, mit seinem Vortrag „Sei mir gegrüßt, Freiheit“ – Heinrich Heines Glaube an eine überzeitliche Idee ein. Vor allem in Hinblick auf Heines Kindheit im Rheinland während dessen Eingliederung in das Großherzogtum Berg unter der Regentschaft von Joachim Murat, dem Schwager des französischen Kaisers Napoleon I., verdeutlichte von Holtum neben der ideellen auch die biographische Nähe Heines zur zeitgenössisch französischen Mentalität und der politischen Ausrichtung des ersten Bonaparte-Regimes. Beides sei maßgeblich prägend für Heines Freiheitsverständnis gewesen.

Vergleichbar zu den zeitgenössisch politischen Systemausrichtungen in den Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreich (gemeint ist die Zeit direkt nach der Großen Französischen Revolution inklusive des ersten Bonaparte-Regimes und während der Regentschaft des sog. Bürgerkönigs Louis Philippe I.) sei Heine Verfechter eines solchen Republikgedankens auch für die deutschsprachigen Territorien während der Restaurationszeit gewesen. Daran anschließend habe er sich gegen die zunehmend im 19. Jahrhundert wachsenden Ressentiments zwischen Deutschland und Frankreich positioniert, genauso wie gegen den aufkommenden deutschen Nationalismus im Allgemeinen.

 

Nora Schön: Auf der Spitze des Ilsensteins“ – Heines wegweisende „Harzreise“

Als zweite Referentin am Samstagvormittag stellte die wissenschaftliche Mitarbeiterin aus dem Heinrich-Heine-Institut, Nora Schön, ihre Präsentation mit dem Titel Auf der Spitze des Ilsensteins“ – Heines wegweisende „Harzreise“ vor. Thematisch und inhaltlich basierte diese auf der von ihr und Jan von Holtum gemeinsam kuratierten Sonderausstellung Alles wie verzaubert – 200 Jahre Heines ,,Harzreise“. Auf deren Konzeption und finaler Realisierung ging Frau Schön im selben Zusammenhang auch anhand ausgewählter Fotos näher ein. Zu sehen war diese bis zum 4. Mai 2025 im Heinrich-Heine-Institut.

Daran anschließend nahm sie eine Einordnung seines ersten Reisebildes anhand von Heines zeitgenössischer Lebenssituation und der im Werk geschilderten Wanderstationen vor.

Als Beispiel für Heines Sozialkritik im Reisebericht erläuterte sie zum einen dessen Empathie befördernde Herausstellung der harten und gesundheitsschädlichen, gar lebensgefährlichen Arbeit der Harzer Bergleute unter Tage, zum anderen die scharfe Beanstandung der Lehr- und Lebensweise des Göttinger Philistertums. So verdeutliche „Die Harzreise“ bereits die später Heine-typische bissig-ironische Kommentierung von gesellschaftlichen sowie sozialen Missständen und politischen Zeitgeschehens, die sich mit dem Reichtum an poetischen Natureindrücken zu eigentümlichen, literarischen Eindrücken vermische.

 

Im nächsten dieses zweitteiligen Blogbeitrags wartet die Zusammenfassung der Stormtage vom Samstag- bis zum Sonntagnachmittag auf Sie. Also, bleiben Sie gerne dran!

 

Fortsetzung folgt…

 

*Gekürzte Zusammenfassungsversionen von den Vorträgen 1-4; Stand 14.10.2025