Öffnungszeiten:

Dienstag bis Freitag:
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Samstag und Sonntag:
14.30 bis 16.30 Uhr

„[A]ls ich dort stand, in Gedanken verloren, hörte ich plötzlich die unterirdische Musik des Zauberschlosses, und ich sah, wie sich die Berge ringsum auf die Köpfe stellten, und die roten Ziegeldächer zu Ilsenburg anfingen zu tanzen, und die grünen Bäume in der blauen Luft herum flogen, daß es mir blau und grün vor den Augen wurde (…)“

Heinrich Heine – Die Harzreise (Abschnitt über den Fluss Ilse und den Ilsenstein)

„Nur wie im Traume sah er noch das Mädchen die Arme nach ihm ausstrecken; dann war auf einmal alles vor seinen Augen verschwunden; (…).“

Theodor Storm – Hinzelmeier (Kap. Eingang zum Rosengarten)

ERLESENES – Worte in Bildern

Vorwort

Bilder werden Worte werden Bilder werden Worte …

„Erlesenes – Worte in Bildern“ ist der Titel der Sonderausstellung, die vom 6. April bis zum 28. September 2025 im Literaturmuseum „Theodor Storm“ präsentiert wird. Im Rahmen derer sind insgesamt 60 Werke der beiden Künstlerinnen Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß, darunter Malerei, Grafik und Skulptur, zu sehen.

Der Ausgangspunkt der Sonderausstellung ist die künstlerische Auseinandersetzung mit zwei Werken der klassischen deutschsprachigen Literatur.

In ihren Kaltnadelradierungen der Lichtpunkt-Bildserie von Stationen aus Die Harzreise interpretiert Uta Oesterheld-Petry Heinrich Heines Naturbeschreibungen aus seinem zuerst veröffentlichten Reisebilder. Demgegenüber ließ sich Annett Schauß in ihren Federzeichnungen zu Theodor Storms Hinzelmeier dazu inspirieren, eben jenes Kunstmärchen als gänzlich visuell erfassbares, zeitgerafftes Bühnenstück zu inszenieren.

Es wird in beiden ganz bemerkenswerten Auseinandersetzungen nicht nur die Hingabe der beiden Künstlerinnen für die Literatur, für „das Erlesene“ deutlich, sondern auch der Wille, gar der Drang nach visuell-erzeugtem Ausdruck, aus Wörtern wieder Bilder zu machen. Denn letztlich sind auch Wörter Produkte innerer und äußerer Schau ihrer Verfasser, egal ob es sich um Heines poetische Naturbetrachtung oder Storms gefühlvolle Anschauung des menschlichen Lebenssinns handelt. Es entsteht eine Kette, in der sich schier endlos Glied an Glied reiht. Diese sind medial immer anders ausgeformt und doch zusammengehörig: Bilder werden Worte werden Bilder werden Worte werden Bilder …

Annett Schauß und Uta Oesterheld-Petry im Interview

Anlässlich der Sonderausstellung „Erlesenes – Worte in Bildern“ wurden beide Künstlerinnen interviewt, um allen Interessierten die Möglichkeit zu bieten, sie selbst kennenzulernen und sich über ihr jeweiliges künstlerisches Schaffen sowie über Einzelheiten zur Ausstellung über deren räumliche und zeitliche Grenzen hinaus zu informieren. So machen Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß selbst im Folgenden aus ihren Bildern wieder hörbare sowie lesbare Worte.

*Um das Leseverständnis zu erleichtern, wurde sich für ein gewisses Maß an Standardisierung in Grammatik, Satzstruktur und Rechtschreibung in der Verschriftlichung der Interview-Inhalte entschieden. Trotz Standardisierung wurde versucht, auch eine gewisse Alltagssprachlichkeit sowie den individuellen Sprachduktus beizubehalten. Mischungen von Präteritum- und Präsens-Perfekt-Formen wurden zum Beispiel nicht vereinheitlicht. Die vorgenommenen Änderungen sind mit eckigen (Ergänzungen und Anpassungen in Grammatik, Satzstruktur sowie Rechtschreibung) und gerundeten Klammern (Auslassungen) kenntlich gemacht.

1. Frage: Würdest Du Dich kurz vorstellen und zwar mit allen Informationen, die Dir selbst wichtig erscheinen?

Annett Schauß

„Mein Name ist Annett Schauß. Ich bin seit 34 Jahren freischaffende Künstlerin und das seit 3 Jahren im Eichsfeld. Und ich bin gebürtige Berlin, lebte gern mit der Herkunftsfamilie im Randgebiet von Berlin und erlebte für mich eine wunderbare, wunderschöne Kindheit. [Ich] lebte dort mit den Eltern [und] mit meiner Schwester.“

Uta Oesterheld-Petry

„Mein Name ist Uta Oesterheld-Petry. Ich arbeite hier in Heiligenstadt als Künstlerin, schon seit vielen Jahren mit Malerei und Grafik und zum Teil auch [Skulpturen, Installationen bzw. räumliche Arbeiten]. Ich gestalte Ausstellungen und Workshops und arbeite teilweise (…) in Schulen, wo ich mein „Know-How“ weitergebe.“

2. Frage: Wie begreifst Du Dich selbst in Deiner Identität als freischaffende Künstlerin?

Annett Schauß

„Warum ich Künstlerin geworden bin? Das hat erst einmal diesen Aspekt, dass mich Kunst, Kunstgeschichte einfach bewegt, interessiert und ich immer weiter hineintauchen möchte, ich mich immer auch visuell ausdrücken wollte. (…)

[D]amals (…) habe ich es so gesehen: Wenn ich Künstlerin werde, dann kann ich mich wie so viele andere, die ich kannte, selbstständig machen. Ich bin nicht abhängig (…), ich muss mich keinem unterordnen, nicht einordnen, ich kann mein Ding machen und hinausschreien, was ich möchte.“

„[Ich arbeite] gerne im Kunst- und Bildungsbereich. Das ist auch ein so wichtiges Thema, sich nicht nur einbringen, sondern: man lernt, man nimmt unglaublich viel wieder mit, auch was den künstlerischen Aspekt betrifft. (…)

Ganz wichtig ist mir die Arbeit (…) [mit] Mappenprojekte[n], [also] Mappenkurse durchzuführen. (…) Es heißt ja nicht nur, wir malen und zeichnen, sondern es geht hier auch wieder um die Welt: die Welt zu sehen, zu beobachten, zu erkennen und darzustellen.“

Uta Oesterheld-Petry

„Für mich ist es so, dass ich das, was mich innerlich bewegt, wo[mit] ich mich innerlich beschäftige, in etwas Visuellem ausdrücke, also in der Grafik, in der Malerei oder auch in [Skulptur und räumlichen Arbeiten]. (…) [D]as, was andere Menschen vielleicht mit Worten, mit Geschriebenem wiedergeben oder in Musik umsetzen, setze ich [eben] in Bildnerisches um. (…)

[I]ch [habe] nicht unbedingt eine Intention (…), was ich im Betrachter erzeugen möchte, sondern ich gebe das von meiner inneren Auseinandersetzung wieder und stelle es dem Betrachter zur Verfügung. Und was dann [in] dem Betrachter (…) mit dem [passiert], was ich dargestellt habe, das entzieht sich meiner Kontrolle und das finde ich auch gut so. [Ich] freue mich aber immer davon zu erfahren. Deshalb ist mir auch der Kontakt mit Besucherinnen und Besuchern in meinen Ausstellungen wichtig und [ich] finde das sehr interessant, was da für Rückmeldungen kommen.“

3. Frage: Welche Themen und Motive sind Dir in Deiner künstlerischen Arbeit besonders wichtig?

Annett Schauß

Annett Schauß erklärt in diesem Clip an dem Beispiel des männlichen Pfaus das sogenannte „Handicap-Prinzip“. Der Pfau stelle seine großen, prächtigen Federn auf, um ein passendes Weibchen zur Paarung zu gewinnen. Aber er erlege sich damit auch selbst körperlich bedingte Nachteile auf. Weil er Eindruck machen wolle, sich selbst übermäßig gut darstellen wolle, falle er durch das Übergewicht seiner Federn fast um.

Dieses Prinzip könne man auch sehr gut an menschlichem Verhalten in der heutigen Gesellschaft wiedererkennen.

„Wie kann ich das darstellen, was mir angenehm oder unangenehm ist? Ja, das kann ich darstellen, indem ich den Menschen Attribute addiere. Also, viele meiner Figuren haben dann hornige Auswüchse an den Köpfen oder viel zu lange Arme, viel zu lange Beine oder setzen sich selbst eine Krone auf; sie bekrönen sich selbst. All das möchte ich darstellen, diese Verrücktheiten oder diese Besonderheiten, die ich dann teilweise unter dieses biologische Phänomen des „Handicap-Prinzips“ einordne. (…)

Es finden sich immer (…) [Verhaltensweisen] von Mimikry, Mimese, also (…) von dem Verstecken und [dem sich] „Gefährlichdarstellen“ [wieder]. (…) [D]as kann man wirklich [auch] in der menschlichen Gesellschaft (…) beobachten. Und das ist für mich das Allerwichtigste: beobachten, (…) aufzeigen und zeichnen.“

Uta Oesterheld-Petry

„Natur und die Landschaft sind schon sehr wichtige Themen, über die sich für mich auch anderes ausdrückt als nur [deren] Beschreibung. Also, das sind für mich auch immer Stimmungsbilder, (…) Bilder, wo sich Diskrepanzen (…) oder Spannungen zeigen. Ich möchte nicht einfach nur die Landschaft wiedergeben, (…) da ist für mich (…) mehr drin. (…)

[J]etzt gerade in der Ausstellung hat mich (…) interessiert, wie Heine Landschaften beschrieben hat, wo er selbst durchgewandert ist, zum Beispiel bei der Harzreise. (…) Aber das ist nicht mein ausschließliches Thema, Landschaft. (…) [I]ch interessiere mich auch für Architektonisches in der Gestaltung. (…) [F]iguren, Menschen sind mir [ebenfalls] sehr wichtig.“

4. Frage: Wie, wo und mit welchen Techniken bzw. Materialen bist Du am liebsten künstlerisch tätig?

Annett Schauß

„[Ich] bin im Prozess immer gerne draußen, sammle Alltagsgeschehen im Notizbuch. Ich bin Beobachtende, aber ich gehe nicht allzu weit. Also ich lasse Privatsphären gerne da stehen, wo sie sind, aber nehme wahr. [I]ch höre auch gerne, und [das] nicht nur auf den Straßen und in bestimmten [Zusammenhängen], sondern natürlich auch [das], was das Zeitgeschehen betrifft.

All das spielt sich vor mir ab (…) wie eine große Weltenbühne. Und das was da so passiert, auf der Weltenbühne, möchte ich festhalten, zeigen, aufzeigen. Gerade auch jetzt in [unserem] Zeitgeschehen, wo so unglaublich vieles [im politischen Bereich] passiert (…).“

„(…) Ganz gerne habe ich die Feder in der Hand, weil man mit ihr schnell zeichnen kann, rasch. Ich nehme sie auch (…) tatsächlich mit auf Reisen, die Feder, und auch Zeichentusche. Die Radierung ist mir wichtig, aber auch Darstellung[en] mit etwas aufwendigeren Prinzipien, wie der Linoldruck. Das wirkt sehr illustrativ, aber ich lasse mir auch Zeit, um so etwas darzustellen.“

„Ich benutze gerne farbiges Material, aber auch (…) Effekte, wie Kompositionsgold, nehme ich unheimlich gerne (…) in die Hintergründe mit hinein. (…) Mein Atelier besteht aus einem Materiallager und aus dem Betätigungsfeldlager. Ich mache es (…) aus ökologischen und auch ökonomischen Gründen so, dass ich mir keine Tuben anschaffe, sondern ich habe Pigmente da. (…) Und die Pigmente (…) haben für mich etwas ganz Besonderes. Erstens kann ich sie jederzeit mit einem bestimmten Bindemittel anrühren (…). Also, es gibt Bindemittel, die sind für mich regelrecht köstlich. [Außerdem] arbeite [ich] gerne mit dem Gummiarabikum, woraus man die Aquarellfarbe herstellt, (…) (genauso) mit dem Acrylbindemittel und da gibt es viele andere mehr.

Die sind mir wichtig, weil ich so auch das (…) [einstellen kann], was ich möchte: Möchte ich jetzt eine Lasurübertragung haben oder eine Lasur über die andere [legen], die dann einen gewissen Effekt erzeugen? (…) [So] entstehen meine Bildgeschichten. Dazu gehört natürlich (…) immer nicht nur der Einfall, die Idee, sondern auch: Wie setze ich es um? Setze ich es zeichnerisch oder malerisch um, schaffe ich eine Komposition aus beiden oder entsteht hier eine Kollage?“

Uta Oesterheld-Petry

„Für mich ist [das Zeichnen] (…) eine Basis (…), auch direkt vor dem Objekt, direkt in der Landschaft oder [kurz gesagt] vor [all] dem, was ich wiedergeben möchte. Manchmal ist das nicht möglich, (…) dann fotografiere ich auch sehr gerne, arbeite (…) teilweise nach Fotos. Wichtig ist (…) immer, dass ich [es] selbst erlebt habe, selbst gesehen habe (…). (…)

[I]n der Umsetzung bin ich (…) am liebsten bei mir im Atelier (…). Meistens habe ich dann auf der Leinwand etwas stehen, wo[mit] ich (…) malerisch umgehe und dann habe ich (…) noch eine andere „Baustelle“, [zum Beispiel liegt] auf dem Tisch eine Radierplatte (…), wo[ran] ich (…) weitermache. (…) [W)enn es an dem einen nicht weitergeht, mache ich an dem anderen weiter; an einem Holzschnitt oder was immer auch noch entsteht. Also, (…) ich [habe] oft mehrere Dinge gleichzeitig, [an denen] ich parallel arbeite.“

„(…) [M]anchmal werde ich gefragt, ob ich bei der Arbeit Musik (…) [oder Podcasts] höre. Also, für mich ist es eigentlich am besten ganz in Ruhe zu sein. (…) [N]ichts zu hören dabei, weil das wären eher wie (…) störende Wellen, die (…) hereinkämen. (…) [D]as ist sehr selten, dass ich mal Musik höre. Das ist nur, wenn mein Kopf irgendwie so sehr rattert und [ich] mich sehr schwer von meinen Gedanken abgrenzen kann, da höre ich mal ganz reduzierte Musik. (…) [D]as hilft mir dann [nur] so, mich auf die Malerei [oder auf die Grafik] zu konzentrieren. (…) [W]enn ich (…) Nebentätigkeiten mache, wie Bildereinrahmen (…), (…) höre ich mal Podcasts, ansonsten arbeite ich in Stille.“

5. Frage: Wann und wie hattest Du erste Berührungspunkte mit Theodor Storm/ Heinrich Heine?

Annett Schauß

„Die Literatur von Theodor Storm (…) kommt (…) zu einem, wenn man ein Elternhaus hat, welches vorliest. Mein Vater war ein Liebhaber von Kunstmärchen und so kamen auch die Kunstmärchen von Theodor Storm zu mir. Aber wie auch überall gab es in unserer Kinderbibliothek zu Hause den Kleinen Häwelmann, den ich auch sehr liebe und schätze. Es steckt eine so unglaubliche Geschichte dahinter, die manche, glaube ich, (…) erst verstehen, wenn sie im Erwachsenenalter sind (…). (…)

[D]ie Literatur von Theodor Storm prägt sich bei mir tatsächlich auch mit visuellen Bildern ein. So sehe ich (…) Illustrationen zum Kleinen Häwelmann. Also, [es ist] ganz stark wie [der Autor] selbst pointiert und visuell spricht, für mich teilweise richtig filmszenarisch. So hat sich mir die Literatur von Theodor Storm eingeprägt. Das war einerseits das Elternhaus und andererseits dann auch die Schule. Wir lasen alle Theodor Storm. Und da gab es dann auch (…) Pflichtliteratur, wie Der Schimmelreiter. Seine Literatur war mir als Kind und [ist mir] bis heute auch wichtig, die möchte ich nicht missen und möchte sie (…) weitergeben.“

Uta Oesterheld-Petry

„Meine ersten Berührungspunkte [mit Heinrich Heine] waren wahrscheinlich wie bei vielen Menschen in der Schulzeit, also, dass man dann irgendetwas im Schulprogramm gelesen hat. (…) [I]ch erinnere mich an Deutschland. Ein Wintermärchen, aber ich glaube, ich habe es damals nicht wirklich richtig verstanden, (…) weil mir der ganze Kontext nicht klar war. Also, das stellt sich einfach anders dar, wenn man ein bisschen (…) über seine Biographie weiß, über die Zeit (…), in der er gelebt hat. (…)

Da[zu] würde ich mir heute (…) wünschen, dass es (…) einen Geschichtsbezug g[äbe], wenn man Heine behandelt[e]. Dass das [Werk] nicht nur in Deutsch behandelt wird, sondern [auch] in Geschichte gleichzeitig [der historische Kontext] behandelt wird. Dann würde man viel mehr [da]von profitieren (…) und verstehen, was er (…) geschrieben hat.

(…) [I]ch habe mir dann vor einiger Zeit Die Harzreise von Heine gekauft und da war ich total „geflasht“. Also, das hat mir einfach unheimlich viel Freude gemacht, die zu lesen. Ja, (…) sein[en] [manchmal] etwas sarkastische[n] Unterton fand ich (…) sehr schön zu lesen. Aber (…) er hat Vieles (…) auch so unglaublich poetisch beschrieben, also, was er erlebt hat unterwegs: (…) seine Begegnungen und (…) die Natur (…). Das hat mich wirklich sehr angesprochen und da habe ich Lust bekommen, mich mehr mit Heine zu beschäftigen.“

6. Frage: Was inspiriert Dich an Storms Hinzelmeier/ Heinrich Heines Harzreise, sodass Du etwas Bildnerisch-Künstlerisches dazu schaffen wolltest?

Annett Schauß

„Der Hinzelmeier ist nicht wie einem Volksmärchen eine heldenhafte Gestalt. (…) [E]s gibt auch keine Hexen und keine Feen. Aber der Hinzelmeier, dessen Leben (…) auf eine ganz besondere Art und Weise [reflektiert wird], (…) hat (…) Aufgaben bekommen, die er sich auch selb[st] gestellt hat zu erfüllen. (…) [D]iese Aufgaben sind etwas ganz Besonderes und sehr symbolhaft (…) in dem Kunstmärchen dargestellt. [[Die Handlung] ist in dieser kurzen Geschichte wie filmszenarisch, zeitraffermäßig zusammengefasst.]

Einmal geht es (…) um die Aufgabe, den Stein der Weisen zu finden [und] das geht fast über die ganze Geschichte hinweg. (…) [N]atürlich [ist das] eine Lebensaufgabe (…). (…) [Aber] ist es die Lebensaufgabe überhaupt, vergisst man nicht da[rüber] das Leben und die Liebe? Diese Aufgabe wiederum hat er mitbekommen von den Eltern, (…) nicht unbedingt [als eine] Pflichtaufgabe, sondern [als] eine Aufgabe, (…) die [eigentlich] voll[er] Liebe ausgesprochen wurde. Auch sehr symbolhaft (…) wieder dargestellt (…): Es geht (…) um den „Rosengarten“ – um das zu finden, was das Leben ausmacht.“

„Und dieses Märchen endet nicht in einer Glückseligkeit wie (…) in den Volksmärchen, sondern (…) [es] endet so, dass (…) [es] auch wirklich [zum Lesen] anregen soll[]. Wie ist es? Sollte man immer auf der Suche nach der Befriedigung, den Stein der Weisen zu finden, [sein]? Oder sollte man [nicht lieber] (…) das Leben nützlich leben, machen und tun, so wie es den Menschen wirklich gut tut? (…)

[E]s wird nicht eine unbenannte Zeit reflektiert, sondern (…) die Zeit, in der der Autor lebt. (…) [E]s wird auf eine ganz besondere Weise [auf gesellschaftliche Besonderheiten [und] gesellschaftliche Umbrüche] hingewiesen (…), sehr philosophisch teilweise. Es ist ein kleines „Drama“, [so] würde ich es mal nennen, welches unbedingt in seinem eigenen Leben zu reflektieren ist.“

„(…) [E]s entstehen einfach unglaubliche Bilder, schon beim Lesen. Diese Symbole sind auch so klar: [durch] (…) de[n] Rabe[n], d[er] dazukommt, dann [durch] die Brille, die der Vogel oft fallenlässt [und] durch die Hinzelmeier schauen kann, durch die [anderen] Figuren, die sich zu ihm gesellen. So ist es für mich – auch wie er schreibt – regelrecht ein visuelles Bühnenstück, [ein] fertiges Bühnenstück. [Das] könnte man [sofort] umsetzen, man braucht nur noch die passenden Bühnenbilder dazu. Ich wünschte mir, dass da auch mehr gelesen und [nach solchen kleinen Geschichten] geguckt w[ürde] (…).“

Uta Oesterheld-Petry

„(…) [N]icht nur im Bezug auf Die Harzreise, sondern auch [im Bezug] auf andere Veröffentlichungen von ihm hat [es] mich sehr erreicht, (…) [dass er sich solche] Gedanken (…) über die Gesellschaft gemacht hat, die damals auch sehr im Umbruch war. Ich bin (…) ziemlich berührt davon, wie Vieles, von dem, was er gesagt (…) und geschrieben hat, auch auf die heutige Zeit passt.

Also, er war sehr begeistert von der [Großen] Französischen Revolution und die Freiheit, die diese (…) versprochen hat und er hat sich das auch für Deutschland gewünscht. (…) [G]leichzeitig [hat er] oft darauf hingewiesen, dass es [schon] damals (…) nationalistische Tendenzen gab, (…) in anderen Ländern, aber [eben] auch in Deutschland. (…) [U]nd [er hat dazu] gesagt: Das ist gefährlich! (…) [E]r hatte auch (…) eine Vision von einem freiheitlichen Europa, das zusammensteht und solidarisch miteinander ist. Und das ist heute aktueller denn je.“

7. Frage: Was müssen Interessierte tun, um eines deiner Werke aus der Sonderausstellung käuflich zu erwerben?

Annett Schauß

„Entstehen Bilder, so sind es irgendwo wie Geburten, Kinder, an denen man hängt. Und es gibt tatsächlich Bilder, an denen ich so hänge, (…) [sodass] ich [sie] nicht gerne weggebe. Aber sie müssen auch raus, (…) müssen in die Welt [hinaus] (…). (…) [E]s fällt mitunter schwer.

(…) [J]a, [die Bilder] in dieser Ausstellung (…) können gekauft werden. (…) [D]as macht man am besten so, [dass] man mit mir [telefonisch] in Kontakt tritt. (…) Aber wir werden es auch so machen (…), dass wir die Bepreisungen [in der Ausstellung] öffentlich machen.“

Uta Oesterheld-Petry

„Die Kunstwerke [in der Ausstellung] sind [alle] zu verkaufen. Wir werden (…) von den Grafiken eine Grafikmappe machen, (…) wo[rüber] (…) Exemplare direkt (…) zum Mitnehmen (…) angeboten werden. (…) [Das ist] bei der Malerei nicht möglich, aber da[hingehend] könnte ich auch gerne kontaktiert werden.

Also, ich habe mittwochs nachmittags die Öffnungszeit[en] von meinem Atelier und [meiner] Galerie in Heiligenstadt. [D]a[rüber] kann man mit mir in Kontakt kommen oder auch telefonisch [oder] per Mail. [W]ir können auch außerhalb der Öffnungszeiten einen Termin vereinbaren, um dann [gemeinsam] zu überlegen, wie der Ankauf vonstatten gehen kann.“

8. Frage: Wie habt Ihr Euch kennengelernt?

Annett Schauß

„Nach meinem Zuzug hier ins Eichsfeld wollte ich unbedingt die Künstlerin Uta Oesterheld-Petry kennenlernen. Es ist ja nicht so, dass sie mir unbekannt war. Es gibt ja das „World Wide Web“ und so konnte ich mich erkundigen, wer hier (…) in meinem Umkreis lebt. Wo gibt es hier Künstler und Künstlerinnen? (…) [U]nd [so] bin [ich] schon weit vor 2021 auf ihre Website gestoßen. [U]nd [als ich die Bilder gesehen habe] (…) habe [ich] mich wirklich [darauf] gefreut, (…) sie endlich wirklich kennenzulernen.

Ich habe an dem Tag, Anfang 2022, ein erstes sehr fruchtbares Gespräch [mit Uta] geführt (…), auch da schon (…) über [solche Themen], wie Künstlerinnen leben, wie sie arbeiten, unter welchen Bedingungen sie arbeiten, mit welchen Problematiken sie umzugehen haben, wie sie sich darstellen… All das sind Gemeinsamkeiten, die man austauschen kann. Das ist erst einmal wirklich ganz wichtig, dass wir da[hingehend] miteinander auch so umgehen (…) und agieren [können]; (…) einfach eine gemeinsame Schnittstelle [zu] haben, um miteinander zu reden.“

„Was ich ganz wichtig fand – [also,] ich (…) als Neuling hier im Eichsfeld: Uta (…) hat mich regelrecht an die Hand genommen, hat mich eingeführt, hat mit mir zusammen Leute kennengelernt. So bin ich zuallererst hier in dem Verein Kunstwestthüringer eingetreten. Dort gibt es ja (…) viele Mitglieder, die auch im Verband Bildender Künstler (…) sind. Und es gab gleich in 2022 die erste Doppelausstellung [mit Uta]. (…)

[W]ie gut (…) ist [es], sich mit einem Menschen, mit einer Künstlerin (…) so nahe (…) zu verstehen! Wie gut ist es auch, verstanden zu werden! An dem ersten Tag, im Januar 2022, haben wir uns vertieft, in Gespräche. (…) [I]ch würde sagen, [dass] die[se] (…) Gespräche (…) nicht abgeebbt [sind], bis zum heutigen Tage [nicht]. Und das ist wunderbar, auf dieser Ebene – auf der freundschaftlichen Ebene und auf der Ebene als Kolleginnen – jemanden zu haben, jemanden kennenzulernen, miteinander und voneinander zu profitieren. Das war (…) ein ganz wichtiger Einstieg in das Leben hier.“

Uta Oesterheld-Petry

„Annett Schauß ist ja im Herbst 2021 ins Eichsfeld gezogen. Gleich Anfang Januar 2022 hat sie mich kontaktiert. Wir haben uns getroffen und uns auch gleich gut verstanden. (…) [D]ann ergab sich kurz darauf im März, dass mir eine Mitausstellerin aus gesundheitlichen Gründen absagen musste und ich habe Annett (…) gefragt, ob sie spontan (…) einspringen möchte. (…) [D]as hat (…) sehr schön geklappt. Also, wir haben (…) schon im März eine gemeinsame Ausstellung bei mir in der Galerie gehabt. (…) [D]a[raufhin] hat sich diese Zusammenarbeit so verstetigt. (…)

[W]ir tauschen uns regelmäßig aus, über die Arbeit [und] die verschiedenen Projekte. Wir haben auch schon gemeinsam dieses Netzwerktreffen organisiert, (…) wo Kulturschaffende und Kulturakteure aus dem ganzen Nordthüringer Bereich zusammenkamen und sich vernetzt haben. (…) [E]s ist eine sehr, sehr schöne Zusammenarbeit und ich bin sehr froh, sie hier in der Nähe zu wissen. (…) [Ich] bin gespannt, was wir [uns] noch weiter an Zusammenarbeit (…) überlegen und umsetzen [werden].“

9. Frage: Was schätzt Ihr aneinander, warum arbeitet Ihr gerne zusammen?

Annett Schauß

„[In] [d]iese[n] Phasen, die wir (…) gemeinsam kennen, (…) können wir uns (…) so gegenseitig helfen, indem wir Vorprodukte zeigen oder uns in Techniken helfen, oder uns über Materialien (…) austauschen. Über all die wichtigen Dinge, die zum produktiven, besseren Gelingen helfen, sind wir uns Gehilfinnen und Freundinnen. Also, ich finde, es ist sehr befruchtend, diese Art der Freundschaft. Bereichernd. Und wir sprechen eine gemeinsame Sprache, (…), trotz[dem] (…) wir so unterschiedlich [sind], auch in der Darstellung (…).

Also, ich merke das immer, wenn man gemeinschaftlich für eine Ausstellung die Öffentlichkeitsarbeit macht und (…) zusammen ein Plakat oder einen Flyer gestaltet und die Sachen stehen [dann] nebeneinander: Wie sie doch klingen! (…) [A]ndere Gestaltungsebene, aber doch: Sie klingen. Und das ist klasse. [In] [u]nsere[r] erste[n] Ausstellung, die wir (…) in 2022 hatten, (…) ging es auch so rasch mit dem Zusammenaddieren und dem Aufteilen der Wände in der Produzentengalerie von Uta. Wir konnten auch unheimlich gut unsere Arbeiten mischen. (…) Und das freut mich. Das macht es aus: Teamarbeit.“

Uta Oesterheld-Petry

„Was ich in der Zusammenarbeit mit Annett sehr schätze, ist, dass wir beide unsere Arbeit mit (…) Ernsthaftigkeit betreiben und […] eine große Verlässlichkeit da ist. (…)

[E]s ist ja so, dass unsere Arbeiten schon sehr unterschiedlich sind. Aber ich finde es toll, dass [sie] trotzdem in diesen gemeinsamen Ausstellungen (…) immer so ins Gespräch kommen (…), so wie wir beide (…) immer wieder ins Gespräch kommen und diesen Austausch pflegen. Ich schätze (…) [an Annett] auch die Freude an diesem Netzwerken und Austauschen.“

Sie klingen und kommen miteinander ins Gespräch

Trotz des augenscheinlichen Kontrasts in der Art ihrer bildnerisch-künstlerischen Reflexionen schaffen die Kunstwerke beider Künstlerinnen eine sich gegenseitig auffüllende und ergänzende Einheit in einer Gesamtschau menschlicher Gefühlswelten. Sind Kritik sowie Konfrontation einer äußerst fehlbaren Lebenswelt letztlich nicht eng mit dem Wunsch nach einer Verbesserung, gar nach einem Idealzustand in dieser verknüpft? Es entsteht ein sich gegenseitig befördernder und stetig weitergeführter Dialog zwischen den Kunstwerken von Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß, der sie sowohl in Komposition als auch einzeln für sich genommen in der Betrachtung eindrücklich wirken lässt.

Impressum

Museumsleitung: Dr. Gideon Haut

Kuration: Uta Oesterheld-Petry, Annett Schauß

Assistenz und Vermittlung: Daniela Scheele, Henriette Roth

Design Flyer, Plakate und Begleitheft: Annett Schauß

Texte, Interviewführung und Schnitt: Judith Windel

Ganz herzlich bedanken Wir uns bei Jean-Luc Petry für die Nachbearbeitung der Interviewclips von Uta Oesterheld-Petry zur Verbesserung der Audioqualität!

Wir bedanken uns auch bei der Vereinsvorsitzenden Monika Potrykus für ihre Hilfe und Ideen bei der Kuration der Ausstellung, der Kulturjournalistin Tina Fibiger für die Bereitstellung ihrer Laudatio und dem Storm-Verein für seine Unterstützung.

Im Rahmen der Sonderausstellung wird es ein Begleitprogramm mit Vorträgen, Führungen durch die Ausstellung und Kunst-Workshops geben, durchgeführt von den Künstlerinnen.

Informationen zum Veranstaltungsprogramm erhalten Sie auf dieser Website, auf Facebook und Instagram. Für die Teilnahme an den Workshops ist eine telefonische Anmeldung oder eine Anmeldung per Mail (kontakt@stormmuseum.de) erforderlich. Die Workshops sind für Kinder (ab 12 Jahren), Jugendliche und Erwachsene geeignet. Preise für die Veranstaltungen werden in den Informationen zum Begleitprogramm angegeben.